Irland - Bestrafung, Missbrauch von Kindern, ein Audiobericht von RADIO SRF

Der Zerfall der einst allmächtigen Autorität setzte Mitte der 1990er-Jahre ein – ausgelöst durch eine Reihe von entlarvten pädophilen Priestern, die von ihren Vorgesetzten verschoben wurden, anstatt strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Missbrauch von industriellem Ausmaß

Im folgenden Jahrzehnt erhellten mehrere Untersuchungsberichte und Dokumentarfilme, dass der klerikale Missbrauch weit über Einzelfälle hinausging: Das junge, selbständige Irland war zwischen 1940 und 1970 von einer Verschwörung gelenkt worden. Nach dem Abzug der britischen Kolonialmacht füllte die katholische Kirche das Machtvakuum bereitwillig aus.

Der Staat delegierte weite Bereiche der Sozialpolitik, aber auch des Gewissens, an die Organe der Kirche. Gemeinsam erzwangen Kirche und Staat absolute Konformität. Kinderheime, Arbeitsheime, Waisenhäuser und psychiatrische Anstalten wurden so zu Gefängnissen für alle, die anders waren.

Lebenslänglich für ledige Mütter

Die Behandlung lediger Mütter stand stellvertretend für dieses System. Sie wurden in Heime verbracht, bis die Kleinkinder ein gewisses Alter erreicht hatten.

Zahlreiche Kinder wurden gewinnbringend in die Vereinigten Staaten exportiert, die andern derart vernachlässigt, dass sie wie die Fliegen starben. Die Mütter endeten oft in den Wäschereien von Klöstern oder Heimen, um – nicht selten lebenslänglich – für ihren «Fehltritt» zu büßen.

Die irische Kirche war besonders autoritär und übermäßig klerikal geprägt. Aber der Staat ließ diesen Tendenzen freien Lauf und duckte sich devot.

Die Einsicht in dieses düstere System hat die Iren schockiert und zu einer Abkehr von den oftmals verlogenen, sicher aber reaktionären Grundmustern der Vergangenheit beschleunigt.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kontext, 14.8.2017, 09.00 Uhr



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