Mein Heimleben bzw. Heimleiden

  • Ich bin am 28. März 1961 geboren und kann mich seit ich Erinnerung habe war nur an das Zentralkinderheim in der Bastiengasse in Wien 18 erinnern. Dort war ich in der Entchen-Gruppe bei einer Betreuerin namens Fr. Wolf. Mit Schuleintritt 1967 wurde ich nach Stiefern/Kamp transferiert, wo ich dort bereits die ersten Schreckenserlebnisse durch das Heimleiterehepaar hatte und ich wurde nach ca. ½ Jahr in die Küst gebracht wo ich bis zum Ende meines ersten Schuljahr blieb. Dann kam ich nach Hütteldorf, wo ich vier Jahre blieb und dann im Alter von 12 Jahren von meiner Mutter nach Hause geholt wurde. Ich verblieb 4 Jahre bei meiner Familie (Mutter und 6 Kinder 5 Buben + 1 Mädchen- ich war das vierte Kind) und erlebte in der Zeit eine viel grausamere Zeit mit Schlägen, Strafen, Zwangsarbeit, sodass ich mit 16 von selbst zur Fürsorge ging und in ein Lehrlingsheim wollte. Von meiner Lehrlingsentschädigung bekam ich keinen Schilling, außer die Wochenkarte und das Geld für die Betriebskantinen-Essensmarken. Meine Mutter meinte das Geld ist für meinen Unterhalt (Kostgeld S 1000.-) und der Rest wird gespart. Als ich freiwillig ins LH Leopoldstadt ging war von einem Sparbuch keine Rede mehr. Ich hätte alles selber verbraucht. Ich hatte große Schwierigkeiten im LH mit dem Leben dort, da ich endlich frei fortgehen durfte und das auch weidlich ausnutzte und oft nach der Rückkehrzeit erst wieder ins Heim kam. Nach ungefähr einem Jahr wollte man mich nach Eggenburg schicken, aber ich weigerte mich als mich zwei Erzieher Niederrangen und mich in HANDSCHELLEN nach Eggenburg brachten. Dort blieb ich ca. 3 Wochen, denn als ich meinen ersten Wochenendausgang bekam um mich mit meiner Mutter zu versöhnen, ging ich sozusagen stiften und übernachtete bei meinen ehemaligen Zimmerkollegen, ohne Wissen der Erzieher, in ihrem Zimmer du versteckte mich unter dem Stockbett, als alle weg waren und auch die Erzieher gingen schlich ich mich aus dem Heim und fuhr zu meiner Fürsorgerin in Wien 21. Somit transferierte man mich in das Gesellenheim in die Zohmanngasse. Wo ich ebenfalls nur 1 Jahr blieb und dann über einen SPÖ-Funktionär (Gemeinderat) eine kleine Zimmer-Küche Wohnung mit Wasser & Klo am Gang bekam, dabei musste der Mietvertrag wegen der Unmündigkeit (18 ½) von meiner Mutter unterschrieben werden. Ich war weiterhin mit meinen ehemaligen Kollegen vom LH in Kontakt und es begann bereits ein Umbruch in der Heimstruktur. Es wurden bereit versuchsweise Ambulante Gruppen gebildet und ich schloss mich solch einer ambulanten Gruppe um Erzieher Adolf Nemeth an (obwohl ich kein Zögling mehr war und mit wohlwollender Billigung von Dir. Gottfried Pratschke und Heimmutter Martha Kühn). Erzieher Adi Nemeth hatte einen jungen Burschen im Alter von 17 Jahren, der Vollwaise war adoptiert und ihn aufgenommen. Noch heute bin ich mit Seinem Adoptivsohn und ehemaligen LH-Kollegen in Kontakt, sowie der ehem. Heimleiterin des Gesellenheims Ute Bock in Kontakt. Heute bin ich nach einer langen Zeit der Verleugnung meiner Mutter in regelmäßigen Kontakt mit meiner Mutter, nach langen intensiven Gesprächen fanden wir wieder zueinander, sie erzählte mir wie sie mich erlebt hat und ich wie ich sie erlebt habe. Ich habe ihr vergeben und sie mir und jetzt kann ich sie wirklich als meine Mutter ansehen und ich kann auch jetzt ihre schwere Situation verstehen in der sie sich damals befand und aus der sie keinen Ausweg fand als einen Sündenbock zu finden und das war halt ich der erst mit 12 Jahre nach Hause kam. Ich habe später in Deutschland auf Pastoralamt studiert, dort eine Kärntnerin (ebenfalls ein schwieriges Heimkind) kennengelernt und in Wien geheiratet und wir haben 3 erwachsene Kinder und 2 süße Enkelinnen.

    Das ist nur ein ganz kurzer Abschnitt aus meiner „Heimkarriere“. Ich habe Gutes in Heimen erlebt und ich habe schreckliches dort erlebt. Sogar eine Körperverletzung mit Todesfolge habe ich in der SES Hackinger Kai 15 erlebt. Da gab es sogar eine Verhandlung im „Einser Landl“, wo die ganze Klasse vor Gericht als Zeugen ausgesagt hat. Was dabei herauskam weiß ich leider nicht, aber die Lehrerin habe nicht mehr gesehen.

  • Mein Heimleben bzw. Heimleiden # 2.


    Zum Beispiel hatten wir im Direktionshaus (ich nenne das mal so) im Erdgeschoss und im 1. Stock Schlafräume (ca. 6 Zimmer in jedem Geschoss. Meine erste Gruppe war bei Fr. Anni im Erdgeschoss gleich bei der Halle wen man das Direktionshaus betritt. Meist still sein, lesen und dauernd Radio hören, vor allem Autofahrer unterwegs und Wunsch & Gratulationssendungen (Nachmittags). Selten ging es hinaus oder im Garten mit gemauerten Fußballfeld. Selbst im Garten mussten wir ruhig sein. Wer laut rief wurde zur Erzieherin gerufen und musste bei ihr sitzen und schweigen. Nach ca. 1 Jahr wurde ein ebenerdiger Zubau hinter dem Direktionshaus in die ansteigende Umgebung gebaut, sodass er in der Höhe des 1. Stocks war und der Zubau wurde mit einem Übergang in den 1. Stock des Direktionshauses verbunden. In diesen Zubau wurden 4 Gruppen mit Sanitärräume einquartiert. Dort war ich dann bei der Erzieherin Fr. Strohmeier und einem Erzieher namens Blatzek. Blatzek war ein junger cooler Erzieher mit ihm machten wir Ausflüge gingen ins technische Museum, Eislaufen, auf die Kegelwiese zum Fußballspielen, oder zum Überlaufbecken des Wienflusses. Wir gingen oft im Lainzer Tiergarten wandern zum Rohrerhaus oder Hermesvilla. Von ihm gab es nie Schläge oder Schimpfworte. Er brachte einen Plattenspieler in die Gruppe und hatte viele eigene Platten mitgebracht und wir durften Platten hören. Während die Fr. Strohmeier schlug, schimpfte und auch streng bestrafte. Einmal bei einem Nachtdienst habe ich von 20 Uhr bis 1 Uhr früh vor der Kanzlei stehen müssen, weil ich im Schlafzimmer laut war. Ein anderes Mal holte sie mich in die Kanzlei & würgte mich so sehr, so dass ich keine Luft mehr bekam und glaubte sterben zu müssen. Auch Schläge mit einem nassen Handtuch war in Hütteldorf sehr beliebt. Stundenlanges Schranzhocke stehen mit Buch auf ausgestreckter Hand und „Bergsteigen“ war eine beliebte Gruppenbestrafung. (Bergsteigen= in Zweierreihen die stufen hinauf bis unter das Dach und dann kehrt hinunter und das wiederholt sich bis du nicht mehr kannst oft 2-3 Stunden. Es gab auch eine Strafgruppe im Haus mit Küche und Speisesaal, Wasch und Duschraum, Heizungskeller, da gab es auch 4 Gruppen und Schlafräume. In dieser Gruppe herrschte eine Frau deren Namen ich nicht mehr weiß, aber dort durften die Kinder nur flüstern und Micky Maus Hefteln lesen sonst nichts. Kein Hinausgehen, kein Ausflug, kein Fasching. Sie ließ sich massieren und strickte den ganzen Tag und wir mussten die Garnwolle auf Knäulen abwickeln. Sie war der Horror. Sie schlug mit einem Bambusstab auf die Fingerspitzen oder am Popo. Ich war einmal 1 Woche strafweise bei ihr. Als ich wieder einmal hin musste verbarrikadierte ich mich im Heizungskeller und nach einigen Verhandlungen gab ich die Barrikade auf und durfte wieder in meine Gruppe. Direktor war der Häußler in seinem von dir gut beschriebenen gruftartigen Büro mit Eckbalkon. Übrigens fällt mir soeben der Name vom Direktor der SES Hackinger Kai 15 ein: Direktor Jiranek!

    Im LH hatten wir in Kaps geliefertes warmes Essen bekommen (Mittags geliefert und frisch gekocht vom Heim Hohe Warte) und für die Arbeit am nächsten Tag haben wir kaltes Essen in Sackerl bekommen, zumeist 2 gekochte Eier, 2 Gabelbissen und 2 Semmeln.

    Zu meiner Zeit hatten viele Lehrlinge den Lohn schon an das Heim überwiesen bekommen und bekamen jeden Freitag ein Taschengeld ausbezahlt. Mir wurde jede Woche der Lohn ausgezahlt und ich erhielt nur Taschengeld und Fahrkarte der Rest ging an den Heimverwalter Herrn Meth. Ich habe immer wenn ich Geld für etwas brauchte bekommen und nach meinen Austritt auch das restliche Geld bekommen.

    Wegen der Handschellen Geschichte: Der Dr. Becko, ein schmieriger und unguter Typ war im LH Leopoldstadt der zuständige Psychologe. Bevor ich nach Eggenburg kam war ich bei ihm bestellt und er gab mir Tintenkleckse zum Anschauen und wollte wissen was ich sehe, als ich ihm sagte ich sehe Kleckse wollte er unbedingt wissen was ich in den Klecksen erkenne. Nicht war meine Antwort bei jedem Klecks. Dann musste ich einen Baum zeichnen. Als ich fertig war wollte er wissen ob der Baum nicht auch Wurzeln hat und warum ich diese nicht zeichne. „Weil sie unter Erde sind“ war meine Antwort. Zwei Tage später teilte man mir mit, ich fahre mit Hr. Groll und Hr.Kellner nach Eggenburg. Ich bin unter das Bett gekrochen und habe mich geweigert hervor zu kommen und habe mich am Bett angeklammert. So holte man Dr. Becko und er versuchte mich zu überreden freiwillig nach Eggeburg zu gehen. Als das scheiterte und sobald Dr. Becko das Zimmer verließ stürmten die Herren Groll und Kellner das Zimmer zerrten mich mit brachialer Gewalt vom Bett hervor drehten mir mit Polizeigriff die Hände am Rücken und legten mir Handschellen an während der Schwere Hr. Kellner auf mir kniete und Hr. Groll die Fesselung vollzog. Ich wurde über die Hauptsiege am Portier vorbei geschleift, daher gehe ich davon aus, dass Dr. Becko davon wusste. Später als ich meine Wohnung hatte lernte ich Gemeinderat Ascherl von SPÖ kennen und erzählte ihn das und er veranlasste eine Untersuchung, die von Hr. Grestenberger, der in der MA11 für die Heime zuständig war, manipuliert und verfälscht wurde. Am Ende kam nichts heraus. Vor einer Woche habe ich von einem LH Zögling, mit dem ich noch heute in Kontakt stehe, erfahren, dass mein Handschellentransport nach Eggenburg im Heim hohe Wellen geschlagen hat und Zöglinge nur widerwillig mit ihnen etwas zu tun haben wollten. Hr. Kellner war ein protegierter Erzieher vom Hr. Grestenberger. Strafrechtlich und dienstrechtlich ist keinem etwas geschehen und offiziell habe die ganze Geschichte erfunden.

    Es gab gute Erzieher und es gab Sadisten. Beides habe ich erlebt.

    Michelin1961