Vatikanstadt, 26.11.2018 (KAP) Was kann, soll, muss herauskommen, wenn sich vom 21. bis 24. Februar 2019 die Spitzen sämtlicher Bischofskonferenzen, Leiter der vatikanischen Kurienbehörden und Spitzenvertreter der Orden im Vatikan treffen, um über Missbrauch in der Kirche zu sprechen? Über die Aufarbeitung solcher Verbrechen und ihre etwaige Vertuschung, aber auch über einen besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen in der Kirche. Zu dem von Papst Franziskus im vergangenen September einberufenen Gipfeltreffen war bisher abseits des Datums wenig bekannt. Nun zeichnen sich erstmals Konturen des bislang einmaligen Projektes ab.
So gab der Vatikan am Freitag bekannt, wer das Treffen wesentlich vorbereiten soll: einmal die Erzbischöfe von Chicago sowie Bombay, Kardinal Blase Cupich und Oswald Gracias; beide sind enge Vertraute von Franziskus. Hinzu kommen der Missbrauchs-Sonderermittler des Papstes, der maltesische Erzbischof Charles Scicluna, und der deutsche Psychologe Hans Zollner, Jesuit, Leiter des Kinderschutzzentrums an der Universität Gregoriana sowie Mitglied der Päpstlichen Kinderschutzkommission. Diese ist an der Vorbereitung des Treffens der weltweiten Bischofskonferenz-Vorsitzenden ebenso beteiligt wie Opfer von Missbrauch.
US-Kardinal Cupich kommt aus einer Bischofskonferenz, die einerseits gebeutelt ist von den Folgen ihres eigenen Versagens beim Umgang mit Missbrauch. Andererseits ist sie sehr weit, was Präventionsmaßnahmen betrifft, steht aber nun unter Druck, was die Aufarbeitung von Vertuschung betrifft. Der indische Kardinal Gracias hingegen weiß um die Bedeutung des Missbrauchsskandals, kommt aber auch aus einem Teil der Weltkirche und einer Kultur, in der ein offener Umgang mit Sexualität, Hierarchie und Kritik an Autoritäten noch ungewohnt ist. Solche kulturell-kirchlichen Ungleichheiten machen den für Februar geplanten offen-brüderlichen Austausch nicht einfacher.
Maltas Erzbischof Scicluna war es, der im Frühjahr nach Chile reiste, mit einem über 2.000 Seiten starken Bericht zur Missbrauchskrise zurückkam und damit auch Papst Franziskus in dessen Einschätzung des Problems bekehrte. Zudem war Scicluna schon seit 2002 an der Glaubenskongregation tätig gewesen und befasste sich dort mit Fällen sexuellen Missbrauchs. Mitte November holte Franziskus ihn dorthin zurück, indem er ihn zum beigeordneten Sekretär der Kongregation ernannte.
Der Jesuit Hans Zollner schließlich ist seit Jahren in der Weltkirche unterwegs, um über Kinderschutz und Missbrauch aufzuklären. So haben er und sein Team am Kinderschutzzentrum Fortbildungen entwickelt. Der ruhig-sachliche Bayer ist Kontaktperson des Vorbereitungskomitees. In einem Interview mit dem Portal "Vatican News" bezeichnete Zollner den Gipfel im Februar als "sehr wichtig" für die Kirche. An alle Teilnehmer werden Fragebögen verschickt. Dann wird eine Dokumentation erstellt. Die Debatte solle "möglichst frei und fruchtbar" sein, so Zollner.
Das Treffen werde etwas von einer Synode haben, entsprechende Erfahrungen nutzen, sei aber keine Synode, erläuterte Scicluna in einem Gespräch mit dem katholischen US-Magazin "America". So soll es Plenarsitzungen geben, nach Sprachen geordnete Kleingruppen mit Arbeitsaufträgen, Anhörungen externer Fachleute sowie Betroffener. So wäre denkbar, dass Bischöfe, die sich bislang wenig oder gar nicht mit dem Thema befasst haben, Opfern von Missbrauch, deren Angehörigen, reuigen Tätern, Juristen und Psychologen zuhören müssen.
Der Papst selber wolle an allen Arbeitssitzungen teilnehmen. Und da für ihn der Umgang mit Missbrauch auch eine geistliche Dimension hat, gehörten Gebet und Gottesdienst dazu. "Es wird einen Bußgottesdienst geben", betonte Scicluna, "und daran nehmen auch Opfer von Missbrauch teil."
Um Details einer Reform des Kirchenrechts werde es im Februar eher nicht gehen, meinte Scicluna. Er erwartet aber "einen wichtigen Anstoß" für einen Prozess, "der tatsächlich zu einer Reform im Kirchenrecht führt". Schließlich sei der Gipfel im Februar der Anfang eines größeren und langfristigen Prozesses, der dann regional unterschiedlich weitergehen müsse.