Bgm. a. D. Reg.Rat Karl Schrattenholzer schrieb:Alles anzeigenIm Jahr 1877 wurde von Herrn Stephan Worell, Chef Redakteur des Neuigkeits-Weltblattes“ der Waisenhilfsverein gegründet. Seine Heiligkeit Papst LeoXIII. ernannte den Gründer und Präsidenten des Vereins zum Ritter des St. Georgsordens und beglückwünschte gleichzeitig den ganzen Verein.
Sein Ziel war es, Waisenkindern ein Heim zu schenken.
In Biedermannsdorf bot sich eine passende Realität zum Kauf an, das neben der Pfarrkirche gelegene, schlossähnliche Gebäude, genannt „Perlashof“.
Der Waisenhilfsverein wandelte den Namen Perlashof in „Klein-Stephaneum“ um - zur Erinnerung an die 1881 stattgefundene Vermählung des Kronprinzen Rudolf mit der Prinzessin Stephanie von Belgien.
Nach Abschluss der notwendigen Adaptierungen zogen am 11. Juni 1882 fünf Schwestern der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom hl. Karl Borromäus. Aus dem Prager Mutterhaus nach Biedermannsdorf und übernahmen die Leitung vom "Klein-Stephaneum".
Auf Wunsch des Waisenhilfsvereins wurde im Schuljahr 1883 ein Kindergarten - damals Bewahranstalt genannt - eröffnet, den auch die Kinder des Ortes Biedermannsdorf besuchten. »Die Privatschule« erhielt auf Ansuchen, das Öffentlichkeitsrecht, und zwar durch die Zuschrift des Löbl. k. k. B. S. R. Baden vom 1. März 1886, Z2.467, laut h. Erlasses vom 17. Februar d. J. 1886, Zahl 2238.“
Als das Klein-Stephaneum für die große Kinderzahl zu klein wurde, plante der Waisenhilfsverein den Bau eines größeren Hauses. Die Grundsteinlegung für das neue Heim fand am 20. März 1896 unter großer Feierlichkeit statt. Am 26. Oktober 1897 war der Bau soweit fortgeschritten, dass die Einweihung des ersten Traktes vorgenommen werden konnte. Der Kronprinz Rudolf und die Kronprinzessin waren bei dieser Feier anwesend. Das neue Heim erhielt den Namen „Stephaneum“.
Eine Erweiterung erlebte die Privatschule im Schuljahr 1903/04, als eine Gruppe körperbehinderter Knaben im Klein-Stephaneum einzog.
Für sie wurde im Anschluss an die bereits bestehenden Mädchenschule eine einklassige Knabenschule errichtet. Im neuen großen Stephaneum wurde 1908/09 eine 5.Klasse und im Schuljahr 1912/13 eine 6. Klasse notwendig. 1914 brach der Erste Weltkrieg aus. Die Kinder bekamen die Not der Kriegsjahre, besonders den Hunger zu spüren. Es mag für die Kinder und Schwestern wie ein Geschenk des Himmels erschienen sein, als im Juli 1918 Lebensmittel von der amerikanischen Hilfsaktion eintrafen.
Ab Schulbeginn 1919 erhielten Knaben und Mädchen gemeinsam Unterricht, daher führte die Schuleab 1921 den Titel „Knaben- und Mädchenschule“. Mit Schulbeginn 1925 wurde die 1. Klasse Bürgerschule eröffnet. Für das Schuljahr 1926/27 erhielt die Bürgerschule das Öffentlichkeitsrecht. Seit 1927 führt.
Am 7. Oktober 1929 kaufte die Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom hl. Karl Borromäum das neue große Stephaneum, und das kleine Stephaneum mitsamt dem umliegenden Grundbesitz, dem Waisenhilfsverein ab. 1934 besuchten 120 interne und 80 externe Schüler die Privatschule in Biedermannsdorf.
1938 ereignete sich in Österreich ein politischer Wandel, der sich nachteilig auf das Privatschulwesen auswirkte. Von amtlicher Seite erging der Befehl, die Schule ab 6. September 1938 zu schließen. Die Privatschule blieb bis 16. März 1946 geschlossen.
Die Jahre 1938 bis 1945 brachten dem Hause harte Tage. Ab 1938 waren Soldaten der deutschen Wehrmacht einquartiert. Im September 1941 wurde in der ganzen Schule ein Reservelazarett eingerichtet. Das deutsche Lazarett in Biedermannsdorf war Hauptangriffsziel. 11 Bomben schlugen in Hof und Garten ein.
Am 1. Mai 1945 quartierte sich ein russisches Kriegslazarett ein.
Die Schwestern übernahmen die Pflege der Soldaten. Am 6. Dezember 1945 verließen die Russen das Stephaneum.
Nach Reinigung und allernötigster Instandsetzung des Hauses konnten bereits am 21. Jänner 1946 die ersten Kinder wieder übernommen werden. Seit dem Jahre 1946 trägt die Privatschule den Namen „BORROMÄUM“ zu Ehren des hl.Karl Borromäus.
Am 18. März 1946 begann der Unterricht in zwei Klassen der Volksschule und in vier Klassen der Hauptschule.Ebenso erhielt die Schule mit Unterrichtsbeginn das Öffentlichkeitsrecht.
Mit Beginn des Schuljahres 1948/49 zählten die Volksschule und die Hauptschule zusammen bereits 170 Schüler.
Eine „Zweijährige Fachschule für Kleidermacher und Wäschewarenerzeugung“ wurde 1947 als Frauengewerbeschule wieder eröffnet. Sie wurde 1935 erstmals gegründet, 1933 aber wegen Schülermangel geschlossen. 1957 erfolgte die Umwandlung der zweijährigen Fachschule in eine dreijährige. Wegen geringer Schülerzahl wurde diese Lehranstalt für gewerbliche Frauenberufe im Borromäum mit 31.08.1963 geschlossen.
In der Nachkriegszeit wurde mit der Instandsetzung und mit der Ausbesserung der Kriegsschäden begonnen. Erst in den Fünfzigerjahren konnte mit der Neuausstattung der Klassen begonnen werden. Weitere Anschaffungen waren die Errichtung der neuen Schulküche, die Anlegung eines Sportplatzes und die Errichtung und Eröffnung des Freibades (heute im Besitz der Gemeinde Biedermannsdorf).
In den Jahren 1965 bis 1980 machte sich der Schwesternmangel deutlich bemerkbar.* Das bewog die Generalleitung der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom hl. Karl Borromäus, mit Ende des Schuljahres 1980/81 das Borromäum zu schließen.
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Die Schwestern rückblickend auf ihre Arbeit:
„Das Anfangen hat seine Zeit und das Beenden. Die Stunde der Eröffnung ist voller Hoffnungen, Ziele und Pläne - die Stunde der Schließung ist ein besinnliches Rückwärtsschauen auf eine erfüllte Zeit.“ **
Wir alle sind uns aber bewusst, dass unser Tun nur Stückwerk war und, dass letzten Endes der Herr ergänzen muss, was an der Eröffnung des Auftrages mangelte.
Am 30.04.1982 verkaufte die Kongregation der Barmherzigen Schwestern das Borromäum und alle Liegenschaften, der Marktgemeinde Biedermannsdorf. Der Mietvertrag zwischen der Marktgemeinde Biedermannsdorf und der Republik Österreich, Bundesministerium für Unterricht und Kunst, wurde am 16.06.1982 abgeschlossen und unterschrieben.
* Auf Anfrage im Dorf, wurde das Heim wegen Misshandlung der Kinder geschlossen und nicht wegen Schwesternmangel :wink_1:
** man kann sich auch grausliches schön reden :tongue_1: Diese Dorfgeschichte werden wir in laufe der Zeit berichtigen. Langsam haben wir die schnauze voll vom "schönreden"